Mark Hurd: HP braucht einen neuen Chef

Mark Hurd war bis Freitag einer der erfolgreichsten Konzernchefs der USA. Er brachte den am Umsatz gemessen größten Computerkonzern der Welt an die Spitze der Branche. Doch dann ist er über eine Liaison gestolpert. Nun sucht Hewlett-Packard (HP) einen Nachfolger.

Eigentlich war Mark Hurd mit dem IT-Riesen aus Palo Alto mitten in Verhandlungen um einen neuen Drei-Jahres-Vertrag. Doch am Freitagabend musste der wirtschaftlich erfolgreiche Nachfolger von Carly Fiorina überraschend seinen Hut nehmen. Eine allzu enge Beziehung zu einer externen Mitarbeiterin hat ihm den Job gekostet.

Mark Hurd

Der HP-Chef soll die Frau, die für HP Veranstaltungen organisierte, mit Geldern aus der Firmenkasse ausgehalten haben. Der Verwaltungsrat drängte ihn daraufhin zum Rückzug – Hurd trat mit sofortiger Wirkung von allen seinen Ämtern zurück. Der Vorwurf sexueller Belästigung habe sich allerdings nicht bestätigt, teilte HP ausdrücklich mit.

Nach Informationen der „New York Times“ hatte Hurd die Frau mehrfach zu Veranstaltungen im In- und Ausland mitgenommen. Sie sei dafür nicht nur gut bezahlt worden, er  hätte mit ihr auch häufiger auf Firmenkosten zu Abend gegessen ohne dies später anzugeben. Eine sexuelle Beziehung, schreibt die Zeitung, habe Hurd aber abgestritten. Die gesamte Affäre kam allerdings durch eine Klage wegen sexueller Belästigung erst ins Rollen.

Der als kühler Rechner und harter Sanierer bekannte Manager habe es in diesem Fall „deutlich an Urteilsvermögen mangeln lassen“, sagte Chefjustiziar Holston bedauernd, waren doch die wirtschaftliche Zeichen bisher ausgesprochen positiv. Hurd wurde im Februar 2005 HP-Chef als Nachfolger von Carly Fiorina. Zuvor war er 25 Jahre für das IT-Konzern NCR tätig. Bei HP hatten es viele begrüßt, dass nach der auf Außenwirkung bedachten Fiorina nun wieder ein nüchterner Zahlenmensch an der Spitze stand.

Doch die Stimmung am Firmensitz im kalifornischen Palo Alto war angesichts des überraschenden Rücktritts nicht sonderlich getrübt, wie mir ein Anruf bei meinen ehemaligen Nachbarn in Addison Avenue (dort steht die legendäre HP-Garage) bestätigte. Zu viele hatten im Rahmen der harten Sanierungsmaßnahmen den „rosa Brief“ erhalten, verloren in Zeiten der Wirtschaftkrise ihren Job. „Gute Zahlen, schlechte Stimmung“ ist die nüchterne Bilanz.

Auch die Beziehung zu vielen der verblieben Mitarbeiter stimmte schon länger nicht mehr. Seit Hurd nach anfänglich positiv aufgenommenen Sanierungsschritten die Schrauben besonders heftig anzog, kam es zu Stimmungsbruch. Viele empfanden das „Sparen, koste es, was es wolle“ als die falsche Strategie. HP verliere auch „gute Leute, die man niemals ziehen lassen darf“, so die Kritiker.

Als nach Fiorina-Desaster die  Zahlen wieder stimmten,  ging Hurd auf Einkaufstour. 2008 wurde der IT-Dienstleister EDS übernommen, um nach dem Vorbild IBM die Service-Sparta zu stärken, 2009 der Netzwerkausrüster 3Com, 2010 der Handheld-Pionier Palm. In dem bis Oktober laufenden Geschäftsjahr wird ein Umsatz von 125 Milliarden Dollar erwartet. Vor fünf Jahren zu Beginn der Ära Hurd waren es knapp 80 Milliarden Dollar. Seit 2006 war Hurd auch Chairman als die wegen einer Spitzelaffäre zurückgetretenen Verwaltungsratschefin Patricia Dunn gehen musste.

Doch nun ist die Ära Hurd schneller beendet als erwartet. Finanzchefin Cathie Lesjak übernimmt für eine Übergangszeit die Unternehmensführung. Sie wolle den Posten aber nicht dauerhaft ausfüllen, sagte sie. Dennoch zählt die HP-Veteranin zu den heißesten Anwärtern. Die Börsianer reagierten verunsichert auf die überraschende Nachricht von Hurds Rücktritt. Die Aktie verlor im nachbörslichen Handel bis zu 10 Prozent an Wert.

Auf den neuen HP-Chef oder Chefin warten große Aufgaben. Hurd hatte den IT-Riesen ohne größeren Schaden durch die Wirtschaftskrise gesteuert, das Unternehmen in seiner Amtszeit breiter aufgestellt. Das hochprofitable Servicegeschäft baute er nach dem Vorbild von IBM aus und verringerte damit die Abhängigkeit Einnahmen durch Hardware, die heute nur wenig Rendite bringt.

Doch HP ist ein Riese, der eigentlich aus drei Firmen besteht, Drucker und Bildverarbeitung, Persönliche Systeme und Serverrechner. Da ist eine langfristige Strategie gefragt, um einen guten Börsenwert zu halten. Die guten vorläufigen Zahlen für das gerade abgelaufene dritte Geschäftsquartal und eine Erhöhung der Prognose gingen in der Verunsicherung um die Affäre unter.

Erschienen bei ZDnet IT-Business

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