Auch HP will sich von der PC-Last befreien

ein Blog von Rudi Kulzer

„Wem die Stunde schlägt“ (For Whom the Bell Tolls) ist ein berühmter Roman von Ernest Hemingway aus dem Jahr 1940, der die Geschichte des US-amerikanischen Guerillakämpfers Robert Jordan im Spanischen Bürgerkrieg erzählt.

Am Abend des 18. August 2011 hat für HP-Chef Leo Apotheker die Stunde geschlagen, in der er strategisch Farbe bekennen muss. Das umsatzstärkste IT-Unternehmen mit Sitz im kalifornischen Palo Alto steht unter starkem Druck, sich zu wandeln, will es nicht langsam, aber sicher im Mittelmaß oder gar in der Bedeutungslosigkeit versinken.

HP-Chef Apotheker in Zugzwang Quelle: HP Werkfoto

Dies muss nach derzeitigem Stand unter der Führung des ehemaligen SAP-Chefs geschehen, der aber die Misere bei HP nicht verursacht hat. Der Beginn der Fehlentwicklung lag schon in der Zeit von Carly Fiorina und der spektakulären Übernahme von Compaq. Eigentlich hätte die nötigen Veränderungen bereits unter Mark Hurd beginnen müssen.

Die Wall Street ist schon seit geraumer Zeit über HPs Wachstum besorgt, spätestens seit Apotheker den Chefposten übernahm. Die Veränderungen am PC-Markt verbunden mit der abschwächenden Konjunktur schüren eine gewisse Unsicherheit. Eine Reihe enttäuschender Quartale und Prognosen haben die HP-Aktien seit Jahresbeginn um fast 22 Prozent fallen lassen.

„Heute ist der Tag Eins der Transformation von HP“, sagte daher Leo Apotheker notgedrungen in einem Interview bei Bekanntgabe des Quartalsergebnisses. Dies sei die „schwierigste Entscheidung“, die er bisher zu treffen hatte, sie werde aber dem Ziel einer besseren Performance des Unternehmens dienen. Ob der ehemalige SAP-Chef den Wandel führen darf, wird sich zeigen.

Zwei Schritte sollen für eine durchgreifende Veränderung bei Hewlett-Packard, sorgen. So überlege die HP-Führung einerseits, das PC-Geschäft in eine eigene Gesellschaft auszugliedern, um es später zu verkaufen, sofern man einen Abnehmer findet. Auf der anderen Seite soll die 10 Mrd. US-$ teure Übernahme des britischen Softwarehauses Autonomy die Fokussierung auf „Enterprise Computing“, auf das IT-Geschäft mit Unternehmen durch eine scharfe Neuausrichtung auf Business-Services und Software-Produkte verstärken.

Bleischwere HP Tablets

Apothekers Plan der raschen Aufgabe des eben erst auf dem Markt eingeführten HP TouchPad Tablets überrascht nicht wirklich. Das Me-Too Produkt liege trotz mehrfacher Preissenkungen wie Blei in der Regalen des US-Fachhandels wie etwa der Kette „Best Buy“, schreibt die Computerwoche. WebOS Produkte wie das Smartphone „Pre3“, das im September auch in Deutschland auf den Markt kommen sollte,  sind keine Renner in einem heftig umkämpften Markt, der von Apple und Google Android dominiert wird. Vermutlich hat nicht einmal die Arbeitsgemeinschaft Nokia Microsoft (Arge Nokisoft) eine Chance in diesem Wettbewerb.

HP TouchPad Quelle: Werkfoto Best Buy

Die sogenannten WebOS-Produkte kamen mit der im vergangenen Jahr erfolgten Übernahme von Palm für 1,2 Mrd. $. ins HP-Portfolio. Doch nicht nur dieser Deal muss in seinem wirtschaftlichen Erfolg stark angezweifelt werden. Ein Spin-Off der PC-Einheit würde sogar die Übernahme von Compaq im Jahre 2002 für stolze 25 Mrd.US $ in einem schlechten Licht erscheinen lassen, schreibt die New York Times.

Noch im Februar betonte Todd Bradley, HP Executive Vice President für die PC-Sparte (PSG), in einem Interview, dass der PC immer noch ein wertvoller Bestandteil der HP Business Strategie sei und wies jegliche Spekulationen über Aufgabepläne weit von sich. Verständlich, hier geht es auch um den Kopf des ehemaligen Palm-Chefs. HP hatte das PC-Geschäft lange als Marktführer dominiert. Doch das hat wohl, wie häufig bei Marktführern (siehe Nokia) den kritischen Blick auf eine Zukunft verstellt, in der sich schon länger eine Verlagerung von Desktops und Laptops zu Tablets andeutete.

HPs PC-Chef Todd Bradley Quelle: Werkfoto Palm

Nach Aussagen von HP werde es etwa 12 bis 18 Monaten dauern bis entschieden werden kann, was mit der PC-Einheit zu geschehen hat. Das ist zu lang im hektischen IT-Business. Inzwischen werden die Geschäfte wie gewohnt laufen, hieß es. Apotheker betonte jedoch, man habe keine Absicht, sich vom Druckergeschäft zu trennen. Insgesamt erinnern HPs jüngste PC-Pläne stark an den Schritt von IBM, als Big Blue seine PC-Einheit 2005 an den chinesischen Staatskonzern Lenovo verkauft hat. Schon damals stellte sich die Frage nach HPs PC-Plänen.

Flucht in die Wolke

Schon seit seinem Firmeneintritt versucht Apotheker, Firmenkunden mit mehr Service und Cloud-Angeboten für HP zu gewinnen. Produkte und Dienstleistungen online aus der Wolke hätten einen „hohen Wert.“ Mit dieser Strategie positioniert sich HP als Herausforderer der beiden IT-Riesen , IBM und Oracle, auf dem Markt.

Mit der Übernahme des britischen Softwarehauses Autonomy könnte HP beim Thema Software endlich gewinnen und damit bei seinem Plan der Hinwendung zu Software und Business Services punkten. Autonomy hat sich zu einem der größten Technologie-Unternehmen in Großbritannien entwickelt und zählt BP, Ford Motor und das US-Verteidigungsministerium zu seinen Kunden. Der Deal würde HPs drittgrößte Akquisition nach Compaq und Electronic Data Systems sein und den Zugang zu einem großen Kundenstamm ins HP Portfolio bringen.

 

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