SAP kann nicht übernommen werden!

Kommentar/ Analyse von Rudi Kulzer

Seit Wochen geistern Gedanken um eine mögliche Übernahme von SAP durch die Wirtschaftsblätter. Doch kann das einzige namhafte deutsche Softwarehaus wirklich seine Freiheit verlieren? Das ist keine Frage der Finanzen, sondern des Managements.

Das Thema hat Mitgründer und Aufsichtsratschef Hasso Plattner selbst angestoßen: „ Auch unsere Firma muss wachsen, sonst passiert uns das, was Opel 1929 passiert ist: dass die Firma einen neuen Besitzer bekommt“, war in der Januarausgabe des Manager Magazins zu lesen. Die von Plattner bewusst geschürte Furcht vor einer möglichen Übernahme zieht sich wie ein roter Faden durch den Artikel „Tief über Walldorf“ des Hamburger Wirtschaftsmagazins. Davon angeregt, setzt sich auch die Düsseldorfer Wirtschaftswoche in ihrer Ausgabe 7 (Kampf um die Ikone) mit dem Thema auseinander.

Doch kann SAP wirklich übernommen werden und sinnvoll mit seinen Angeboten und Inhalten am Markt weiterleben? Ich behaupte – Nein! SAP muss sich schon selber helfen, die Karre wieder flott zu kriegen oder langsam untergehen. Das Thema ist keine Finanzfrage, sondern eine Auseinandersetzung um Unternehmertum, Management und Machbarkeit.

SAP Walldorf

Als mögliche Übernehmer nennt das Manager Magazin die IT-Konzerne Microsoft, Google, Hewlett-Packard und IBM. Die WiWo hat in seiner „Tabelle der Konkurrenten“ alle außer Google, aber korrekter Weise auch den direkten Konkurrenten Oracle aufgelistet. Dazu muss gleich bemerkt werden, dass nur Microsoft und Oracle wirkliche Konkurrenten sind, Google spielt in einer völlig anderen Liga, IBM und HP dagegen sind eher Hardware-Partner.

Analysieren wir also zunächst einmal die beiden Softwarehäuser als mögliche Übernehmer.

Oracle-Chef Larry Ellison hat seit einer Reihe von Übernahmen der vergangene Jahre inhaltlich alles an Bord, was er als Anbieter auf dem IT-Markt braucht, mit Sun sogar Hardware und Prozessoren. Das Motiv einer Akquisition von SAP wäre als die Vernichtung eines Konkurrenten. Das ist sowohl kartellrechtlich undenkbar wie gegenüber dem weltweiten Kundenstamm von SAP nicht verantwortbar. Oracle könnte es weder stemmen, diese Kunden auf seine Business-Produkte zu migrieren, noch die SAP-Produkte ernsthaft weiter bedienen.

Auch eine Übernahme durch Microsoft mit seinem Chef Steve Ballmer wäre ein Fall für die Kartellbehörden auf beiden Seiten des Atlantiks. Das (noch) mächtige Softwarehaus aus Redmond könnte SAP zwar theoretisch gut in seinem bereits heute etwas überfüllten Portfolio gebrauchen, kann aber mit Software für größere Unternehmen nicht wirklich etwas anfangen. Microsoft ist in der Welt der Personal Computer und PC-Server sowie in der Konsumerwelt  zu Hause, Corporate Computing gehört nicht dazu. Kleinere und mittlere Unternehmen zu bedienen, ist schon Aufgabe genug. Das Haus hat bisher die Übernahme des dänischen Softwarehauses Navision kaum nutzbringend für den Kunden verdaut.

Suchmaschinen-König Google stößt zwar aggressiv ins Online-Geschäft mit Unternehmen vor, schreibt das Manager Magazin. Eine Übernahme von SAP wäre aber ein völliger Strategiewechsel. Dennoch haben die Walldorfer  Google selbst als Interessenten ins Spiel gebracht. Zudem stellt sich die Frage, ob Google-Chef Eric Schmidt und seine Mannen in Mountain View eine solche Aufgabe stemmen könnten?

Bleiben noch die beiden großen Hardware-Anbieter IBM und HP.

HP-Chef Mark Hurd könnte strategisch SAP gut gebrauchen, hat doch der am Umsatz gemessen größte IT-Anbieter aus Palo Alto im Vergleich zu IBM noch zu wenig Software an Bord. Doch anders als Big Blue besteht HP in Wirklichkeit aus drei Firmen, einem Druckerhaus, einem PC-Laden und einem Computerhaus mit einer Reihe von Servern und Speichern. Um letzteres wettbewerbsfähiger gegenüber der IBM zu machen, hat Hurd bereits das Servicehaus EDS gekauft und versucht dieses zu integrieren. SAP wäre wohl ein zu großer Brocken, hat doch HP den Merger mit Compaq gerade so überlebt. Compaq dagegen ist an der Übernahme von Digital Equipment letztlich zu Grunde gegangen.

IBM dagegen ist das Mutterhaus, aus dem SAP 1972 als Ausgründung für Finanzsoftware hervorgegangen ist. Heute ist Big Blue für SAP ein wichtiger Partner, vor allem bei Großkunden, die ihre Anwendungen auf Mainframe System z laufen haben. SAP würde kulturell am besten zu IBM passen. Aber auch hier bleibt die Frage, ob IBM das verdauen könnte und SAP als IBM-Tochter nicht zu viele Kunden auf anderen Plattformen verprellen würde.

Ein letzter Gedanke zu SAP selbst. Hasso Plattner muss wohl seine Aussage überdenken, dass nur schiere Größe durch Wachstum das Überleben eines Weltkonzerns sichert. Wie das Beispiel Toyota derzeit zeigt, kann das sehr schnell ins Auge gehen. In diesem Zusammenhang bleibt für die Walldorfer die Frage, ob sie sich nicht von ihren Plänen, denn Mittelstand zu bedienen, verabschieden sollten. Das können Firmen wie Infor und KHK Sage besser. Diese Aussage gilt auch für Oracle.

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